Rückblick Q2 2018 – Aktien im Gegenwind
Vor einem Jahr titelten wir „starkes erstes Halbjahr“. Dies können wir dieses Jahr nicht tun. Die Aktien sind zwar nicht eingebrochen, erstmals seit Jahren aber stehen sie im Gegenwind. Der SMI hat im ersten Halbjahr gut -8% verloren, etwas weniger der Eurostoxx mit -3% in Euro und der Dow Jones mit knapp -2% in US Dollar. Man darf nicht vergessen, dass da noch jeweils die Dividenden hinzukommen, so dass das Minus nicht allzu schlimm war. Dennoch: Aktien und auch die meisten Währungen im Minus, die Zinsen noch immer bei Null: wessen Depot im ersten Halbjahr zulegte, der darf sich glücklich schätzen.
Ausblick
Wir waren vorsichtig positioniert, so dass sich das Minus in engen Grenzen hielt und bei vielen Depots gar ein Plus resultierte. Zeit um Aktien aufzustocken? Punktuell ja, eine deutliche Aufstockung halten wir aber für verfrüht.
Gewinne steigen: ++
Unter anderem dank der Steuerreform unter Trump steigen die Gewinne der US Firmen derzeit deutlich an. Dies ist ein starker Rückenwind für die Aktienkurse.
Aktienrückkäufe auf Rekordniveau: +
Ebenfalls positiv wirkt sich aus, wenn Firmen eigene Aktien zurückkaufen. Diese Aktienrückkäufe sind derzeit auf Rekordniveau. Zwar wird der aller grösste Teil der Rückkäufe durch wenige ganz grosse Firmen vorgenommen (wie zB. Apple), dennoch positiv:
Bewertung sinkt, dennoch weiterhin sehr teuer: – –
Wie erwähnt wachsen derzeit die Gewinne der US Firmen stark. Die von uns schon lange festgestellte extrem teure Bewertung der US Aktien verbessert sich also endlich etwas. Dennoch: die während Jahren aufgegangene Schere von viel stärkeren Aktienkursanstiegen als Gewinnsteigerungen ist noch längst nicht zu. Die Bewertungen sind immer noch sehr teuer.
Rückenwind der Geldpolitik fällt weg: 0
Die US Notenbank FED hat im Herbst 2017 begonnen, Ihre Bilanz ganz langsam zu kürzen. Sie hat zudem die Zinsen in mehreren Etappen erhöht. Beides wirkt sich wie leichtes Bremsen aus. Die EZB drückt nach wie vor Geld in den Markt, hat aber angekündigt, dass sie voraussichtlich im Herbst die Wertpapierkäufe einstellen wird. Die Zinsen würden noch längere Zeit tief bleiben. Insgesamt bleibt die EZB expansiv, geht aber von der ultraexpansiven Politik weg. Die einzige Notenbank, welche nach wie vor stark auf dem Gaspedal steht, ist die Bank of Japan. Global gesehen wird die Geldpolitik somit weniger expansiv. Von Gegenwind können wir noch nicht sprechen.
Inflation zieht etwas an: –
Der geldpolitische Gegenwind könnte aber noch kommen. Warum? Zum einen sind die Ölpreise gestiegen, was sich natürlich auch in der Inflation zeigt. Zum Zweiten ist die Arbeitslosigkeit auf recht tiefes Niveau gesunken, so dass eher mit steigenden Lohnkosten gerechnet werden muss. Ein neuerer Preistreiber sind zudem die angedrohten Handelszölle, Gegenmassnahmen und Gegen-Gegenmassnahmen. Steigende Kosten für importierte Güter treiben selbstverständlich die Preise insgesamt nach oben. In der Tendenz müssen die Zentralbanken je mehr vom Gas (bzw. gar auf die Bremse), je stärker die Preisanstiege sind.
Potentieller Handelskrieg: – –
Auch wenn es verfrüht ist zu sagen, ob sich dieser Handelsstreit in einen veritablen Handelskrieg entwickelt, das Risiko besteht. Trump ist und bleibt mit allen Vor- und Nachteilen unberechenbar. Ein Handelskrieg würde nicht nur die Preise ansteigen lassen, sondern würde vermutlich auch negativ auf die Gesamtwirtschaft wirken. Firmen könnten bspw. Probleme bekommen mit Zulieferern und aus Vorsicht weniger stark investieren. Dies würde die wirtschaftliche Aktivität einbremsen.
Politische Turbulenzen nehmen zu: –
Es gibt ein Sprichwort, dass politische Börsen kurze Beine haben, will sagen, sie spielten mittelfristig keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle. Dies mag in der Regel so sein. Präsident Trump aber reisst mit seinem aggressiven Gebaren sehr viele Baustellen auf (Strafzölle, Neuverhandlung NAFTA, Russland-Sanktionen, Aufkündigung Atomabkommen Iran, Korea-Konflikt) und auch weitere Turbulenzen ohne Trump’sche Beteiligung (neue Regierung in Italien, Einwanderungskrise in Europa mit Auswirkungen auf die in der Regel stabile Deutsche Regierung) zeigen, dass derzeit mehr Grossbaustellen offen sind als üblich. Das Risiko, dass eine davon (zB. Iran) sich nicht optimal in Minne auflöst, wächst damit enorm.
Konjunkturzyklus fortgeschritten: 0
Der aktuelle US Wirtschaftsaufschwung dauert nunmehr bereits neun Jahre. Das für sich muss natürlich nicht bedeuten, dass unmittelbar eine Rezession bevorsteht. Dass dieser neunjährige Aufschwung der zweitlängste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1850 ist, zeigt aber, dass wir nicht von ewig dauernden Boomphasen ausgehen sollten. Das noch vor ein paar Monaten fast synchrone Wachstum weltweit ist jedenfalls weniger im Gleichschritt.
Fazit: das Eis bleibt sehr dünn
Unter dem Strich bleiben wir vorsichtig und strecken erst die Zehenspitzen wieder etwas mehr ins Wasser. Einzelne Aufstockungen bei guten Firmen, deren Aktienkurse recht stark Federn lassen mussten wie zB. LafargeHolcim, Roche oder Basilea können wir uns vorstellen. Vor einer deutlichen Aufstockung der Aktien würden wir aber noch abraten.
Ray Dalio, Bridgewater Associates:
„Der grösste Fehler den Anleger machen, ist zu glauben, dass das, was in der Vergangenheit passiert ist, vermutlich so anhalten würde.“
Lieber Christoph,
Danke für Deinen Finanzmarktbericht Q2 2018. Er ist gerade in der derzeitigen Situation sehr hilfreich.
Mit ganz herzlichen Grüßen
Arnold
Lieber Arnold, herzlichen Dank für die positive Rückmeldung! 🙂
Sehr interessant.
Gratulation.
Herzlichen Dank für die positive Rückmeldung, André! 🙂 Wir sind gespannt, wie sich die ganze Lage weiterentwickelt.