Anlagestrategien mit System
Wir wurden in den letzten Wochen gleich zweimal von Kunden auf einen Artikel in der NZZaS vom 16.9.2018 angesprochen: „Nur eine systematische Aktienauswahl führt zum Erfolg“. Zwei Wochen später am 30.9.2018 doppelte die NZZaS nach „So schlagen Sie den Markt“, wo ähnliche Strategien wie im ersten Artikel erklärt wurden. Beide Artikel diskutieren verschiedene Strategien, welche gemäss akademischen Studien in der Vergangenheit eine Mehrrendite gegenüber der so genannten Buy&Hold Strategie erreichten. Welche Strategien sind das? Was gilt es dabei zu beachten?
Diversifikation
Dies ist die erste und mittlerweile ziemlich unbestrittene Anlegerweisheit: man sollte nicht alle Eier in den gleichen Korb legen. Warum? Diversifikation senkt die Wertschwankungen des Portfolios und v.a. das Risiko eines Totalverlusts, ohne dass gleichzeitig die zu erwartende Rendite kleiner sein müsste.
Die folgenden Strategien gehen davon aus, dass ein zu viel an Diversifikation unnötig ist und mit dem Setzen von systematischen Schwerpunkten eine bessere Rendite als der Markt erzielt werden kann.
Value / Wert
Warren Buffet ist wohl der bekannteste Vertreter eine Value Investors. Die Idee ist simpel: kaufe etwas für 50 Rappen, das einen Franken wert ist. Gemäss den Vertretern dieser Strategie ist der Preis (was bezahle ich an der Börse: 50 Rappen) nicht identisch mit dem Wert. Dieser Wert (1 Franken) ist schwieriger zu bestimmen. Value Investoren orientieren sich dabei an den wirtschaftlichen Daten der Firma wie zB. Gewinn, Cash-Flow, Umsatz oder Buchwert in der Bilanz. In der Praxis kaufen Value-Investoren somit meist Firmen, welche aus verschiedensten Gründen ausser Mode und ‚unerwünscht’ sind, weshalb der Aktienkurs sinkt und für Value Investoren attraktiv günstig erscheint.
Growth / Wachstum
Wachstumsinvestoren entgegnen, dass dabei das Wachstum vergessen geht. Nehmen wir zwei hypothetisch „gleiche“ Firmen: beide Firmen haben den gleichen Aktienkurs, und die gleiche Bilanz mit gleichen Gewinnen, Umsatz, etc. Einziger Unterschied: Firma 1 ist seit Jahren gleich gross und stabil, Firma 2 ihrerseits wächst Jahr für Jahr um 10% und hat nun die Grösse von Firma 1 erreicht. Welche Firma ist die Interessantere? Natürlich die Wachstumsfirma, wenn man davon ausgeht, dass das Wachstum nicht abrupt wegbricht. Die Wachstumsstrategie setzt somit mehr auf das Wachstum von Gewinn, Umsatz, etc. denn auf deren Höhe.
Momentum
Nicht indirekt an der Entwicklung von Gewinn, Umsatz, etc, sondern direkt am Verlauf des Aktienkurses selbst orientieren sich Momentum Strategien. Nach der Theorie dieser Strategie performen Titel, welche in den letzten drei oder sechs Monaten überdurchschnittlich stark liefen, auch die nächsten drei Monate stark. „The trend is your friend“. Was gesucht ist, bleibt gesucht, was teuer wurde, wird noch teurer. So simpel diese Strategie tönt, so erfolgreich war sie in den letzten Jahren. Kaum eine andere Strategie vermochte zu folgen, Facebook / Amazon / Netflix / Google FANG sei Dank. (Wir verweisen auf eine kritische Einschätzung und Meinung des FuW Journalisten A.Blum zur aktuellen Lage dieser Strategie, wir teilen diese kritische Einschätzung.)
Dividendenstrategie
Nur Bares ist Wahres: Wie kommt der Anleger an den Wert einer Firma? Entweder steigt der Kurs (was neue Käufer voraussetzt) oder dann muss die Firma Dividenden an die Investoren ausschütten. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass längerfristig Titel mit hoher Dividende eine starke Mehrrendite gegenüber dem Gesamtmarkt erzielten.
Tiefe Volatilität
Anhänger der Low Volatility Strategien setzen darauf, dass Aktien mit geringen Schwankungen (Stichwort Nestle) bessere risikobereinigte Renditen erzielen als der Gesamtmarkt. Die Betonung liegt allerdings auf risikobereinigt: die Rendite selber ist dem Gesamtmarkt ähnlich, die Volatilität aber tiefer.
Kleinere & Mittelgrosse Firmen
Der so genannte Small&MidCap Effekt ist seit längerem bekannt. Kleine und mittelgrosse Firmen belohnen die Investoren im Schnitt mit besseren Renditen als die grosskapitalisierten Firmen. Erkauft werden muss das allerdings mit einer höheren Volatilität. Der Small&MidCap Effekt bewegt sich somit am anderen Skalenende wie die Low Vol Strategien: hier heisst es höhere Volatilität, dafür aber auch höherer Ertrag.
Einschränkungen
Fast alle Studien, welche für die eine oder andere Strategie eine Mehrrendite nachweisen konnten, gehen von der idealen Welt ohne Steuern und Gebühren aus. Das macht insofern Sinn, als diese für fast jeden Anleger verschieden sind. Gerade Privatanleger mit relativ hohen Bankgebühren müssen dies aber bei der Wahl der Strategie mitberücksichtigen. Als Faustregel gilt: je teurer die Courtage, desto stärker wird eine Strategie mit hohem Umsatz/Turnover belastet.
Weiterentwicklung: Systematik vs. Glück
Auch stellt sich die Frage, inwieweit sich Strategien den sich ändernden Zeiten angepasst werden sollen. Dürfen oder müssen gar die Regeln flexibel angepasst werden? Sollen bspw. Value-Strategien, welche derzeit schon mehrere Jahre nicht optimal performt haben, angepasst werden? Soll zB. die früher erfolgreiche Kurs-Buch-Kennzahl ersetzt werden durch eine in den letzten Jahren erfolgreichere Kurs-CashFlow-Kennzahl? Gelten dann die positiven Studienerkenntnisse noch oder spielt der Faktor Glück (bei der Auswahl der neuen Kennzahlen) wieder die Hauptrolle?
Wo stehen wir?
Wir selber investieren am ehesten Value-orientiert, weshalb wir schon des öfteren über Bewertungskennzahlen geschrieben haben. Wachstums- und Dividendenüberlegungen spielen durchaus auch eine Rolle. Am Wenigsten überzeugt uns ausgerechnet die in den letzten Jahren so erfolgreiche Momentum Strategie, siehe auch die kritische Einschätzung von FuW Ressortleiter Blum.
Alfons Cortes, Markttechniker, FuW 22. November 2006:
„An der Börse geht es darum, grosse Verluste zu vermeiden. Wer das schafft, ist langfristig auf der Gewinnerseite. Diese Erkenntnis relativiert den Wert von Strategien, die darauf aus sind, auf Sicht weniger Monate stets einen Index zu schlagen.“
Vielen Dank für die verständliche Übersicht über die verschiedenen Strategien. Ihrer Schlussfolgerung stimme ich hundertprozentig zu.
Herzlichen Dank für Ihren positiven Kommentar, Herr Bühler! Es freut uns, dass der Artikel verständlich war. Wir bleiben dran 👍
Diese Newsletter und Informationen von Ihnen schätze ich schon lange.
Toll für mich toll, wie verständlich und auf den Punkt gebracht das für mich rüberkommt.
Danke und herzliche Grüsse ins Fricktal
Susanne Schmid-Wild
Herzlichen Dank, Frau Schmid, für Ihren positiven Kommentar! Das freut uns sehr, dass unser Bericht so verständlich war. Das ist immer ein Ziel, gelingt aber ja nicht immer gleich gut. 👍